Lind und Der Weiherer
Lind und Der Weiherer
Sinfonischer Wirtshauspop oder zeitloser Trad´n´Roll und niederbayrischer Prutalpoet - Doppelkonzert
Was passiert wenn ein jazzaffiner Bläser, ein schwermetallliebender Streicher und ein waldzitherspielender Traditionalist sich treffen und unbedingt zusammen Musik spielen wollen? Es entsteht Lind, die ihren Stil gern als sinfonischen Wirtshauspop oder zeitlosen Trad n Roll bezeichnen. Viel einfacher lässt sich das Genre des Trios nicht beschreiben, da die Protagonisten aus völlig unterschiedlichen Welten kommen. Karl Helbig (voc, Sax, Tuba, Querflöte) ist mit Klezmer groß geworden und hat eine fundierte Ausbildung als Jazzmusiker u.a. bei Free-Jazzikone Hartmut Dorschner. Benni „Cellini" Gerlach (voc, Cello) kommt eher aus der dunklen Szene und hat als Gründungsmitglied der Band „Letzte Instanz" einen wohlklingenden Namen, sowohl als großartiger Bühnenarbeiter und als Arrangeur. Tim „Doc Fritz" Liebert (voc, Waldzither, Mundharmonika, Mandoline, Flöte) ist mit vielen folkloristischen Wassern gewaschen, von Blues über Celtica bis zur eigenen traditionellen Kultur (u.a. „Hüsch") und tritt als liederschreibender Waldzitherenthusiast in Erscheinung.
Die Musiker kennen und schätzen sich schon seit geraumer Zeit, waren sie doch mehrere Jahre fester Bestandteil der „Folk Destille Jena", mit der sie den „Eisernen Eversteiner 2010" gewinnen konnten und im Rahmen einer Schottland-Tour zum 200sten Geburtstag von Laphroaig konzertierten. In diesem Weltmusik-Orchester fanden sie eine erste gemeinsame Schnittmenge.
Die Musik von Lind ist geprägt von technischer Raffinesse, wilder Spielfreude und einem Hauch Melancholie. Es ist ein Gemenge von selbstgeschriebenen Titeln, Klassik-Adaptionen und zunehmend auch respektvollen Bearbeitungen traditioneller Stücke aus Thüringen und Sachsen. Dies sind oft Rundas aus dem Vogtland, die brachiale Lebensfreude und dörfliche Anarchie verbreiten. Sowohl das Material, die exotische Kombination an Instrumenten als auch die teils komplexe Struktur der Titel ergeben einen einzigartigen Sound, der nie akademisch wirkt und eben etwas Zeitloses hat. Bei aller Virtuosität ist das Ganze hochgradig unterhaltsam und mitreißend. Viel Freude mit Lind und ihrem Trad n Roll!
Mit Gitarre, Mundharmonika und ungezügeltem Mundwerk präsentiert Weiherer auch in seinem neuen Programm wieder eine Art unvorbereitete Plauderei mit Toneinlage – gewohnt spontan, witzig und schnörkellos. Irgendwo zwischen Musikkabarett, Liedermacherei, schrulligen Geschichten und Polit-Aktivismus sind die Auftritte des niederbayerischen Wahloberbayern mehr grob geschnitztes Handwerk als fein geschliffene Kunst, und seine saukomischen Alltagsbeobachtungen sind längst Kult.
Der mutige Musiker mit einem Herz für Irrsinn und Wahnwitz singt seit mehr als zwei Jahrzehnten schneidige Lieder mit viel Engagement und nicht selten mit richtig ehrlicher Wut. In bester Volkssänger-Tradition geizt er dabei nicht mit scharfzüngiger Kritik und deftigen Sprüchen – meist politisch unkorrekt, oft gnadenlos komisch, aber immer beherzt. Ein faszinierender Sturschädel mit dem hinterhältigen Kichern des Boandlkramers, intelligenten Texten, mitreißender Musik und grandios bissigem Humor.
Weiherer ist ein einzigartiger Geschichtenerzähler, der ohne mit der Wimper zu zucken vom Hundertsten ins Tausendste gerät und gleichzeitig seine Zuhörerschaft von der ersten bis zur letzten Sekunde in fröhlicher, wenngleich atemloser Spannung hält. Seine Statements und Songtexte zeugen von einer ebenso empfindsamen wie klugen Weltsicht, ihn interessiert das große Ganze, das Hinschauen und Hinlangen, auch wenn´s mal weh tut. Der Zuhörer sitzt mit Weiherer in einem Boot und bestaunt dessen Navigationskünste durch diesen ganzen Wahnsinn. Durch eine Welt voller Fragen und ohne Antworten.